Es braucht kein Innovation Lab im Mittelstand
Ich habe schon oft Innovation Labs, Company Builder oder sonstige Digital Units im Mittelstand erlebt. Es gibt einige erfolgreiche Beispiele: Die DIU von BASF, welche durch professionelles Vorgehen schon mehrere Ventures launchen konnte. Oder der Heizungsbauer Viessmann, der mit dem digitalen Ökosystem wattx neue Wege geht. Die meisten dieser Positivbeispiele stammen aber aus der Konzern-Welt und können daher nur eingeschränkt als Vorlage für mittelständische Unternehmen dienen. Leider ist aber gerade für diese eine Digital Unit oft nicht die richtige Antwort.
Die Gründe hierfür liegen oft in der Erwartungshaltung an eine solche Unit: Wenn Digitalisierung und sogar Ventures das erklärte Ziel sind, wird schnell um jeden Preis eine Idee gesucht, die sich digitalisieren oder in ein eigenes Unternehmen ausgründen lässt.
"Wenn dann noch der Erfolg der Unit an der Anzahl umgesetzter Ideen bemessen wird, sind digitale Produkte, die besser nie das Licht der Welt erblickt hätten, vorprogrammiert."
Der Erfolg in der Digitalisierung wird nicht mit der Anzahl an Ventures gemessen, die ausgegründet werden
Ebenso problematisch sind “Satellitenbüros” in Berlin, die weit vom Mutterkonzern entfernt versuchen sollen, diesen zu reformieren, ohne von der Kern-Organisation abgelenkt zu werden. Zwar erschließt sich mir der Wunsch nach örtlicher Unabhängigkeit, gleichzeitig erschließt sich mir nicht wie dies jemals für Mitarbeiter:innen des Stammkonzerns befriedigend sein soll. Ebenso wenig, warum man auf die Expertise der Mitarbeitenden des Stammkonzerns so vollständig verzichten möchte.
Beliebte Digital Unit Fuck-ups sind:
- Durch falsche Erwartungshaltung wird Druck aufgebaut, Ventures zu gründen.
- Die Unit ist zu weit vom Konzern entfernt, um Kompetenzen und Synergien sinnvoll zu nutzen.
- Die Unit ist gleichzeitig zu nah am Konzern und wird dadurch politischer Spielball.
- Sämtliche Digitalisierungsvorhaben werden auf Gedeih und Verderb in die Unit geladen, auch wenn sie in der Fachabteilung besser aufgehoben wären.
Erprobtes Vorgehen ist innovativer als neue Organisationsstrukturen
Was wir bei Zweitag stattdessen entwickelt haben, ist zwar ein erstmal ähnlich anmutender, in der Konsequenz aber eher konservativer Prozess: Auch wir suchen in einer Ideation-Phase nach vielversprechenden Ideen und validieren diese. Jedoch ist bei unseren Projekten nicht zwangsläufig eine Ausgründung das Ziel. Vielmehr geben wir der Idee den Raum sich in der vorhandenen Organisationsstruktur schnell aber natürlich zu entwickeln. Damit schaffen wir gleichzeitig Akzeptanz und Begeisterung bei den Mitarbeiter:innen und der Geschäftsführung für die Idee. Wichtig ist auch, der Idee das Scheitern zu erlauben.
"Nicht alles, was sich am Anfang als gute Idee anfühlt, sollte umgesetzt werden – gerade nicht in der Größe, in der es oftmals geplant ist."
Was ist also der richtige Weg für digitalisierungshungrige mittelständische Unternehmen? Die Antwort liegt natürlich auch in Mitarbeiter:innen, die sich für solche Themen begeistern. Statt diese Mitarbeiter:innen aber in eine in der Erwartungshaltung überzogene Digital Unit zu stecken, sollten sie lieber ermutigt werden, das Netzwerk zu nutzen, in dem Mittelständler oft eingebettet sind. Gerade mit Einrichtungen wie dem Digital Hub Münsterland und anderen Innovationskreisen sind schon viele Impulsgeber und Beratungsstellen da, die bei der ersten Orientierung sehr helfen können. Geht es dann an die konkrete Ausgestaltung der Ideen, gibt es hierfür spezialisierte Unternehmen wie Zweitag, die ein digitales Produkt von der ersten Ideenfindung an begleiten können und dieses bis zur Marktreife (und darüber hinaus) begleiten.
"Am Ende kann es Sinn ergeben, das Produkt in ein Venture zu geben. Das sollte jedoch eine Entscheidung am Produkt sein und nicht vorausgesetzt werden."