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Digital Business

Top 5 MVP Beispiele

6
Minuten Lesezeit
MVP Beispiele Screenshots erste Websites
Georg Bergjohann

Spotify — voller Fokus auf ein Feature

Die Idee zu Spotify geht auf das Jahr 2008 zurück. Damals luden die Leute massenhaft illegal Musik von diversen Plattformen herunter, um sie auf ihren MP3-Player zu kopieren. Daniel Ek and Martin Lorentzon erkannten schnell, dass es einen Bedarf für eine legale Streamingplattform gibt – mit einer Bezahlfunktion, bei der nicht pro Album oder gar pro Song abgerechnet wird.

"We spent an insane amount of time focusing on latency, when no one cared, because we were hell-bent on making it feel like you had all the world’s music on your hard drive. Obsessing over small details can sometimes make all the difference. That’s what I believe is the biggest misunderstanding about the minimum viable product concept. That is the V in the MVP."
— Daniel Ek

Das sagte Co-Founder, Daniel Ek auf die Frage, welche Faktoren Schlüssel zum Erfolg Spotifys waren. Spotify führte den Musik-Streaming-Markt mit 32 % Marktanteil im Jahr 2021 weiterhin an. Apple mit 16 % und Amazon mit 13 % liegen recht deutlich dahinter. Beeindruckend ist der Abstand auf jeden Fall, wenn man sich die Marktmacht und Machtanspruch der beiden Tech-Riesen bewusst macht.

Airbnb — aus der Not entstanden

Was macht man, wenn das Geld knapp ist? Einen (neuen) Job suchen, mit den letzten Dollars nach Vegas fahren, eine Kryptowährung entwickeln? Brian Chesky und Joe Gebbia entschieden sich dafür, eine Website zu veröffentlichen. Klingt relativ simpel? War es auch, denn großer Aufwand steckte zu Beginn tatsächlich nicht dahinter. Vielmehr war es die Idee, die das ganze so erfolgreich machte — aber von Anfang an.

2007: Chesky und Gebbia waren, wie oben angedeutet, pleite. Keine schöne Situation, aber Not macht bekannterweise erfinderisch und manchmal passiert dann etwas Magisches. Genauer gesagt trafen die beiden einen Nerv. In ihrem Wohnort San Francisco fand wieder einmal eine Messe statt, dieses Mal die Industrial Design Society of America Conference. Die Hotelkapazitäten in und um die Bay Area waren restlos erschöpft. So kamen die beiden auf die Idee, ihre Wohnung unterzuvermieten. Rasch entwickelten sie eine Website und boten darauf Übernachtungsplätze an. Drei Gäste (Kat, Amol, und Michael) übernachteten kurze Zeit später in ihrer Wohnung. Chesky und Gebbia erkannten schnell, dass die Vermittlung von Privatwohnungen lukrativ ist und bauten Airbnb aus.

Airbnb-MVP erste Gäste
Die ersten Airbnb-Übernachtungsgäste

Mittlerweile gibt es Airbnb in über 100.000 Städten und an den abgelegensten Orten und Plätzen. 5.6 Millionen Anzeigen sind weltweit online, in Deutschland werden 160.000 Unterkünfte angeboten. In Großstädten wie Berlin und Paris gibt es mittlerweile sogar nach Airbnb benannte Gesetzesinitiativen, um private Wohnungsvermittlungen aufgrund von Wohnraumknappheit zu unterbinden. Letzteres ist natürlich für das Unternehmen negativ, zeigt aber, welche Macht und Größe Airbnb mittlerweile hat.

Die MVP Story von Airbnb ist eine der bekanntesten. Sie demonstriert, wie einfach erfolgreiche MVPs und Ideen sein können. Natürlich hat die Geschichte auch einen emotionalen Charakter, den Airbnb gerne verbreitet.

Besonders interessant am Airbnb MVP: Es war ein tatsächlich existierendes Produkt. Die Kernfunktionen – das Buchen von Übernachtungsplätzen – funktionierte bereits. Es war also mehr als ein Smoke Test, mit dem einfach nur evaluiert wird, ob Interesse überhaupt besteht.

Dropbox — Video MVP als Marketinginstrument

Ich kann mich noch gut an Zeiten erinnern, in denen man froh war, dass CD-ROMs durch USB-Sticks abgelöst wurden. Toll war es auch, besagte USB-Sticks zum Beispiel auf Messen als Werbegeschenk zu bekommen. Dropbox hat maßgeblich dazu beigetragen, USB-Sticks und physische Speichermedien zu Grabe zu tragen. Falls jemand Dropbox tatsächlich nicht kennen sollte: Dropbox stellt virtuellen Speicherplatz zur Verfügung. So hat man überall seine digitalen Habseligkeiten zur Hand. Soweit mittlerweile so unspektakulär. Damals im Jahr 2007 lösten Drew Houston und Arash Ferdowsi damit aber ein Problem von Millionen von Menschen, die einfach nur genervt waren von (limitierten) physischen Datenträgern. Spektakulärer war damals der MVP-Ansatz, den sie gewählt hatten. Wie in unserem Blog-Artikel "Welche Arten von MVPs gibt es?" beschrieben, gibt es unterschiedliche Formen von MVPs. Auch MVPs, die in Wirklichkeit nicht existieren. Es wird lediglich suggeriert, das Produkt existiere (bald). So war es auch bei Dropbox. Houston und Ferdowsi entwickelten einen kurzen Clip. Er zeigte anschaulich die Kernfunktionen und Vorteile. Über Nacht registrierten sich 75.000 Interessierte.

Besonders spannend: Anders als bei Airbnb lag, wie oben beschrieben, kein existierendes Produkt vor. Es war also ein Video MVP. Es ist fraglich, ob ein Landingpage MVP eine ähnliche Aufmerksamkeit und Anzahl an Registrierungen gehabt hätte. Das Video MVP war zugleich also auch ein starkes Marketinginstrument.

Zappos — von der Mall ins Paket zum Kunden

Zappos ist in Deutschland weniger bekannt als in den Staaten. Der Online-Schuhhändler wurde 1999 gegründet und 10 Jahre später von Amazon für über eine Milliarde Dollar übernommen. Gründer Nick Swinmurn startete mit einer Website, auf der er Schuhe abbildete und zum Kauf anbot, die er zuvor in der lokalen Mall fotografiert hatte. Ich frage mich bei der Zappos Story immer, wie die Angestellten in der Mall auf den fotografierenden Swinmurn reagiert haben. Wie auch immer ...  – bei Zappos gingen die ersten Bestellungen ein. Swinmurn kaufte die Schuhe dann in der Mall, um sie später an die Kund:innen zu verschicken.

Zappo-MVP

Bei Zappos handelt es sich nicht um ein Landingpage MVP. Über die Website konnten Schuhe tatsächlich von Beginn an bestellt werden. Um die Kosten gering zu halten, wurde allerdings auf ein Lager verzichtet, Prozesse waren zudem noch nicht automatisiert. Swinmurn bearbeitete die Kundenaufträge manuell, das war zeitaufwendig. Erst als der Proof da war, dass Menschen online Schuhe kaufen (das klingt heute so absurd), wurde Geld in die Hand genommen, um das Business voranzutreiben. Am Beispiel von Zappos lässt sich schnell erkennen, dass ein Fail des Business nur wenig Kapital verschluckt hätte.  

Uber — die über-Idee

Uber ist in Europa in einigen Ländern aus rechtlichen Gründen weniger verbreitet, in den USA jedoch der Platzhirsch im Bereich individueller Mobilitätslösungen. In den Staaten heißt es deswegen schon lange nicht mehr Call a cab, sondern call an Uber, wenn man von A nach B kommen möchte. Garret Camp und Travis Kalanick hatten 2008 die Idee dazu. 2010 startete dann die Beta-Version. Die Gründungsgeschichte klingt unfassbar ausgedacht: Die zwei waren in Paris unterwegs und nahmen an der LeWeb Tech-Konferenz teil. Schneefall setzte ein und sie bekamen kein Taxi. Für die beiden war das der Startschuss zur Gründung von Uber. Nun, ob wahr oder auch nicht, spielt hier keine Rolle. Das Uber MVP startete mit einem recht einfachen mobilen Interface, welches nur einem kleinen Kreis an Testpersonen aus dem Umfeld von Camp und Kalanick zur Verfügung stand. Zugang bekamen Außenstehende nur via E-Mail gerichtet an die zwei Gründer. Der Uber Service stand zudem nur in San Francisco zur Verfügung.

Uber-MVP

Das MVP verfügte noch nicht über heute bekannte Features wie Fahrpreisteilung oder automatische Kreditkartenzahlungen usw. Diese Features wurden erst nach und nach eingeführt, nachdem man in der Bay Area Erfahrungen gesammelt hatte, was den Nutzenden gefällt und welche Features sie vermissten. Kritisch kann man bei der Vorgehensweise sehen, dass nur Personen aus dem direkten Umkreis des Gründungsteams Zugang hatten. Das kann zu einem zu unkritischen Feedback führen. Eventuell war die Testgruppe aus demselben Grund auch zu homogen. Gleichwohl ist Uber ein großer Erfolg. Wie Airbnb kommt es aber immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt. Taxifahrer:innen protestierten zudem gegen Uber.

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