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Ventures

Wie gründet man ein Corporate Venture im Mittelstand?

4
Minuten Lesezeit

Notice: This article is written in German.

Karsten Hüls
Christoph Schulte

Karsten Hüls, Geschäftsführer von fillibri, einem Corporate Venture der Westfalen AG. Mit der fillibri-App können Tankstellenkund:innen bargeld- und kontaktlos den Kraftstoff bezahlen und zukünftig auch weitere Services nutzen. In unserem Interview berichtet er darüber, was sich mit dem Schritt aus der Festanstellung hin in das eigene Corporate Venture für ihn verändert hat.

"Mit der fillibri-App können Tankstellenkund:innen bargeld- und kontaktlos den Kraftstoff bezahlen und zukünftig auch weitere Services nutzen."

Vor der Gründung von fillibri warst du als Assistenz des Vorstands bei der Westfalen AG tätig. Jetzt hast du das Corporate Venture fillibri gegründet. Was hat sich für dich verändert?

Meine Tätigkeiten haben sich komplett verändert: Vorher war ich die rechte Hand des Vorstands mit konkreten Aufgabenstellungen. Jetzt gebe ich selbst die Richtungen vor und entwickle die unternehmerischen Ziele und Strategien. Es klingt banal, aber es ist schon etwas anderes, ob dir jemand sagt in welche Richtung es geht oder ob du derjenige bist, der die Richtung bestimmt. Auf mindestens 80% der Aufgaben bei fillibri war ich nicht vorbereitet. Ich hatte keine Erfahrung, wie z.B. die Personalsuche funktioniert, welche rechtlichen Themen eine Gründung mit sich bringt oder wie man Kund:innen und Nutzer:innen am besten anspricht. Aber das Team und ich probieren viel aus und die Lernkurve ist unheimlich steil. Ich lerne jeden Tag etwas Neues und das macht einfach riesig Spaß.

Hast du jemals den Schritt in das eigene Corporate Venture bereut?

Keine Sekunde. Ich habe Verantwortung noch nie gescheut und stelle fest, dass ich mit strikter Priorisierung und viel Kommunikation gut durch die erste Zeit gekommen bin. Dennoch hatte ich gerade am Anfang einige schlaflose Nächte: Bei der Gründung eines neuen Unternehmens passiert so viel Neues parallel. Das hat mich einfach Tag und Nacht beschäftigt. Mittlerweile sind wir ein eingespieltes Team, auf das ich mich verlassen kann. Jedes Teammitglied, egal ob bei fillibri oder bei unserem Partner Zweitag, kann seine Stärken ausspielen. Die anfängliche Aufregung hat sich daher etwas gelegt. Aktuell kann ich mir keinen besseren Job vorstellen.

"Wir wollen die Veränderung selber gestalten und nicht von Dritten verändert werden."

fillibri ist eine mobile Payment-Lösung mit der Kund:innen an der Tankstelle bezahlen können. Wie seid ihr auf diese Idee gekommen?

Die Digitalisierung spielt auch an der Tankstelle eine immer größere Rolle. Wir wollen die Veränderung selber gestalten und nicht von Dritten verändert werden. Daher haben wir uns entschlossen eine Lösung aus der Branche für die Branche zu entwickeln. Zu Beginn hat sich ein Team aus Oliver Große Gehling und Marc Weßling diesem Thema angenommen und ich bin später als Geschäftsführer dazu gestoßen. Damals hat ein kleines Engineering-Team von Zweitag den ersten technischen Prototypen entwickelt. Nicht alle Transaktionen waren erfolgreich. Dennoch haben wir schnell gemerkt, dass es funktionieren könnte. Die Westfalen AG und erste Tankstellen-Partner waren schnell von der Lösung überzeugt.

"fillibri passte von Beginn an gut in die neue strategische Ausrichtung der Westfalen AG."

fillibri passte von Beginn an gut in die neue strategische Ausrichtung der Westfalen AG. Das hat uns Rückenwind gegeben. Wir wissen aber auch, dass Westfalen nur eine von vielen  Tankstellengesellschaften ist. Die Nutzer:innen haben aber keine Lust zig verschiedene Apps zu nutzen, um beim Tanken flexibel zu sein. Daher haben wir fillibri als markenübergreifende Lösung entwickelt und entsprechend als eigenständiges Unternehmen ausgegliedert. Zum Start haben wir zunächst nur das Netz aus Westfalen- und Markant-Tankstellen in NRW und Niedersachsen angebunden. Wir freuen uns jetzt, dass fillibri mit den HEM-Tankstellen seit dem 01.03.2021 auch deutschlandweit nutzbar ist!

Mit Blick auf den Ausbau des E-Ladenetzes ist gerade eine Veränderung im Markt zu beobachten. Spielen Tankstellen und fossile Kraftstoffe in Zukunft überhaupt noch eine Rolle?

Die Tankstelle von heute wird nicht mehr die Tankstelle von morgen sein. Fossile Brennstoffe verlieren an Bedeutung, alternative Antriebsenergien werden immer wichtiger, allen voran die E-Mobilität. Die Geschwindigkeit, mit der die E-Mobilität Einzug in den Markt findet, ist beachtlich. Gerade für kurze Strecken, die einen Großteil der nicht-kommerziellen Mobilität ausmachen, eignen sich Elektrofahrzeuge gut. Aber natürlich beobachten wir auch die Entwicklungen von Wasserstoff, LNG und E-Fuels. Und das Serviceangebot der Tankstellen wird sich natürlich auch kontinuierlich weiterentwickeln. In Zusammenarbeit mit unseren Akzeptanzpartnern werden wir die Services der Tankstellen nach und nach auch in fillibri integrieren.

Welche Tipps würdest du anderen Innovations-Teams mit auf den Weg geben, die sich mit der Ausgründung eines Corporate Venture beschäftigen?

Das A und O sind Sponsor:innen aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung, die hinter den Personen und der Idee stehen. Es ist enorm wichtig diese Unterstützung zu haben. Denn letztendlich geht es um die Freigabe von Ressourcen und den Freiraum eigenständig zu handeln. Dazu sollte das Produkt gerade im Mittelstand dem Unternehmen einen Mehrwert bieten und zur Gesamtstrategie passen.

"Es ist wichtig von Beginn an den Vorstand oder die Geschäftsführung als Sponsor an seiner Seite zu haben."

Zudem ist das Timing entscheidend: Ob es richtig war, weiß man aber leider immer erst hinterher. Deshalb sollten Innovations-Teams nicht locker lassen und den Markt genau beobachten, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen.
Mit Blick auf die letzten Monate konnten wir durch schnelle Iteration in allen Bereichen, von Engineering bis Marketing, viele Probleme lösen und binnen kürzester Zeit eine 5-stellige Anzahl an User:innen gewinnen. Das liegt auch daran, dass wir mit Zweitag einen starken Partner an der Seite haben, der nicht nur die technische App entwickelt. Sie haben uns ebenso bei der Markteintritts-Strategie unterstützt und helfen uns auch jetzt in der Wachstumsphase in allen Bereichen.

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